Tokyo – Die kleinste Stadt der Welt
Klar viele Einwonher hat Tokyo. Aber ansonsten ist hier alles überraschend klein. Warum?

Nicht wegen der Größe jedenfalls. Ich kann hier locker Distanzen in der S-Bahn zurücklegen, die zeitlich und räumlich äquivalent zur Strecke Stuttgart-Mannheim sind, ohne auch nur eine Sekunde auf den Genuss von blühenden Großstadt-Betonflächen verzichten zu müssen.
Dabei kommt es ein wenig darauf an, wie man Tokyo definiert. Eigentlich ist Tokyo nur eine Präfektur. Das japanischen Bundesland äquivalent: nur halt mit Rissen im Boden und den anderen Problemen des weltweit aktivsten Vulkan-und Erdbebengebietes, dass sich japanischen „Fest“-land nennt.
Tokyo an sich hat dann auch nur 8 Millionen Einwohner und bildet eine Metropolenregion mit über 30 Millionen teilindivduellen Individuen, zu welcher dann Yokohama und noch andere Stadtnamen gehören, die vom Leser schon wieder vergessen würden bevor ich sie fertig Aufgezählt hätte.
Also warum klein? Weil ein paar Meter hinter der berühmten Kreuzung alles klein ist!

Ich stoße mir ab und an den Kopf an der U-Bahn-Tür und habe häufig das Gefühl, ich sollte lieber Limbo-tanzend durch die eine oder andere Unterführung laufen. Wobei -und hier ein Lob an meine Eltern- ich für Japan gerade auf Passmaß gezeugt wurde und meist so gerade noch aufrecht laufen kann. Für alle die 4 cm größer sind sollte in der Öffentlichkeit allerdings Helmpflicht gelten.
Aber auch für anderes gilt „klein“. Häuser klein, Autos klein, Busse mega klein.

Gleichzeitig ist aber auch der Autoverkehr herrlich klein. Drei Kinder zur Schule bringen; wofür der Deutsche einen SUV mit Anhänger benötigt, reicht hier vielen ein mit Kindersitzen bepacktes Pedelec. Parkplätze gibt es kaum, allerdings muss man vor einem Autokauf ohnehin vorweisen das man einen Parkplatz besitzt. Folge, die Straßen sind auch schmal (außer in den Stadtzentren, Shibuya, Hibya und ach vergessen).

Kleine Ausnahmen
Ausnahme bildet der Imperial Palace, welcher das stolze Eigenheim des funktionslosen japanischen Kaisers ist, dessen Kosten/Nutzen Verhältnis diskutabel ist. Etwa 200 Millionen Euro geben die Japaner für die 6-köpfige Familie im Jahr aus. Dafür müsste Steinbrück den Rest seines Lebens hinterm Sparkassen-Rednerpult stehen bleiben. Der Shintō aber nur 2-mal im Jahr. Zum Geburtstag und an Neujahr. Wie gesagt, das Kosten/Nutzen Verhältnis ist diskutable.
Gigantisch wirken auf mich zudem die aufgebockten Autobahnen, die als Hochtrasse quer durch die Stadt verlaufen, was ich bisher lediglich in Autorennspielen für Realität gehalten habe.
Ebenfalls gigantische sind die Parks. Ich weiß nicht ob meine Faszination für japanische Bäume lediglich an meiner Abstammung, eines im Wald lebenden Bergvolkes, liegt oder ob der gemeine Städter es auch so empfindet. Jedenfalls liebe ich diese riesigen Parks mit den Naturwäldern, und im Kontrast dazu zahlreichen kunstvoll angelegte Gärten.
Mein Favorit ist der größtenteils wild wachsende Yoyogi Park.
Ein Besuch lohnt sich im Übrigen auch für nicht Baumfreunde, denn im Zentrum des Parks liegt noch ein malerischer Tempel, der maximaler Harmonie frönend durch seine schlichten Holztore, Kiesböden und zwei zentrale Gebetsbäume, sich angenehm unauffällig in den Wald einschmiegt.
Im Gegensatz dazu wirken die grauen, kalten Kirchen Europas lebenfreundlich wie die Oberfläche des Mars .

Aber wenn man Vulkane, Erdbeben, Tsunamies und Taifune regelmäßig als Sprachrohr der Natur wahrnimmt, lässt man es vermutlich ganz von alleine sein hohe Steinsäulen zu stapeln und malt dafür lieber hübsche Muster in den Kies.
Dies erspart unnötig Konfrontationen mit den in Japan leicht extrovertierten Naturkatastrophen und wenn man nicht groß ist, hat klein ja auch schließlich so seine Vorteile.