Die kleinen Alleskönner an der Ecke: Japanische Konbinis
Nein mir gehen nicht die Themen aus. Aber warum Kioske in Japan eine Gesichte wert sind, will ich im folgenden erzählen.
Konbinis sind wohl die erste Warnung, die einem in Japan entgegenhaucht, dass hier irgendwas anders läuft. Aber auch nach Monaten kratzt man sich immer noch ab und an überrascht am Kopf, falls man kurz vergessen hat, dass man im Land der Widersprüche ist. Tschuldigung, Gegensätze. Auch schlecht. Sowohl „wider“, als auch „gegen“, klingt irgendwie zu sehr nach Konfrontation, anstelle von Harmonie. Sprache ist schon mal schwer.
In Japan braucht man nur 3 Dinge zum Leben.
Geld, viel; ein Bett und ein Konbini. Wobei man einschränken muss, dass Geld auch im Konbini erhältlich ist. Schlafen geht in Japan tendenziell auch in der U-Bahn, weil aufgrund der langen Arbeitszeiten, die Zeit zu Hause maximal Gelegenheit zum Umziehen bietet. Deshalb reicht im Prinzip ein Konbini. Er müsste nur weit genug von der Arbeit entfernt sein, um ein Ziel zum U-Bahn zu haben. Weit weg sind sie allerdings nie. Im Grunde findet sich alle 200m einer.
Nah ist auch nötig, da überraschend und bemerkenswerterweise Autos in Tokio noch weniger im Trend liegen, als Bier ohne betonartige Schaumkrone. Autofahren zählt aber auch schließlich zum Individualverkehr und“ individual“ und „Verkehr“ sind wieder zwei Wörter, die einfach nicht mit Japan in einen Zusammenhang zu bringen sind.
Falls ein Ausländer es also schafft diese 200m ohne Auto zu überwinden, was ja so auch nicht in allen Gegenden dieses Erdballs problemlos vorstellbar ist, kann er sich direkt wieder mit Kohlenhydraten vollstopfen.

Entweder mit Reis, umwickelt und gefüllt mit Algen, die es in allen Formen und Farben jenseits der uns vertrauten Sushi Rolle gibt oder für Leute ohne geschmacksnerven und mit genug Vitaminpräparaten: Jum Jum Suppe. Für diese gibt es dann am Ausgang auch praktischerweise kochendes Wasser. Soll ja niemand gezwungen werden nach Hause zu gehen.
Wem das nichts ist, der kann sich auf das üppigste Angebot an Fertiggerichten freuen, die es auf diesem Planeten zu bestaunen gibt. Reichlich verziert, natürlich als zu kleine Portion, direkt auf dem Einwegteller, den man so, wie die liebe Fabrik ihn geschaffen hat, direkt in die Mikrowelle stellen kann. Natürlich ebenfalls direkt im Konbini. Danach aufs Konbini Klo, Geld abheben, Fax verschicken oder seine online gekauften Sachen im Konbini bezahlen und bei Bedarf auch dort hin liefern lassen.
Und wer denkt im Konbini schon alles gemacht zu haben, was es für Geld dort gibt, dann stellt beim nächsten Mal fest, dass sie die Krankenversicherung zusammen mit dem Feierabendbier bezahlen kann.
Diebstahl wäre für alle beteiligten unangenehm
Klauen ist im Konbini übrigens unnötigerweise verboten. Unnötig, weil Diebstahl nicht wirklich existent ist, in einem Land, in welchem eine Tischreservierung im Cafè an einem herrenlos rumliegende Smartphone erkennbar ist. Aber man weiß ja nie. Deshalb gibt es Sicherheitsvorkehrungen. Falls ein Kunde aufgrund irgendeiner geistigen Umnachtung auf die Idee kommen sollte, für einen Marsriegel oder sonstige Dinge, die in den nächsten 20 s im Magen verdampfen, keine Tüte haben zu wollen, gibt einen Aufkleber auf einen der Gegenstände. Dieser Aufkleber zeigt dann, dass schon bezahlt wurde. Allerdings gibt es nur einen Aufkleber, egal wie viel gekauft wurde. Zum Erwischen von Langfingern ist der Aufkleber deshalb nur bedingt geeignet. Aber wirklich jemanden erwischen will ohne wohl niemand.
Das was bei uns der Politik vorbehalten ist, Aktionismus im Sinne von „Hauptsache man tut was“ ist in Japan am Arbeitsplatz Programm. Jemanden beim die Diebstahl zu erwischen, ist wahrscheinlich noch unerwünschter, als der Diebstahl an sich. Es wäre an Unannehmlichkeit nicht zu überbieten. Jemand müsste jemanden mit einem Fehlverhalten konfrontieren, derjenige würde sein Gesicht verlieren, beide müsste sich für ihr ungehobeltes Benehmen entschuldigen und vor Scham wären Dieb und Rächer die ganze Nacht nicht in der Lage zu schlafen. Da beißt man vermutlich doch lieber in den sauren Apfel und lässt was klauen.
Bleibt zu sagen: Konbinis sind unheimlich praktisch, man bekommt alles und erfährt auch fast alles über die japanische Lebensweise. Nur zwei Dinge gibt es fast nie: Obst, wobei das ohnehin unbezahlbar ist. 1 Euro pro Apfel oder 20 Euro für eine Melone sind nicht ungewöhnlich, weil Obst in Japan mehr ein besonderes Dessert ist, dass perfekt aussehen und verpackt sein muss, inklusive geschälter Bananen. Was es außerdem nicht gibt: irgendwelche Dinge zum selber Kochen. Aber Konbinis sind ja schließlich keine Supermärkte!